Geschichte der Falknerei

Die ursprüngliche Form der Fleischbeschaffung ist für den Menschen die Jagd auf Wildtiere. Diese wurden aber nicht nur gejagt, sondern dienten auch bald als Jagdbegleiter und Jagdhelfer. Ihre Zähmung und Abrichtung ist eine alte Kunst, die schon lange vor unserer Zeitrechnung ihren Anfang nahm.

Sicher sind viele der Kenntnisse und Fertigkeiten darüber in unserer technisierten Welt kein Allgemeingut mehr, dennoch versuchen viele Kulturen ihre alten Überlieferungen zu bewahren und weiterhin mit Leben zu erfüllen. Hierzu zählen sicherlich die Jagd mit Geparden, wie sie in Indien ausgeübt wird, die Fischerei mit Kormoranen und Fischottern in einigen ostasiatischen Regionen – und vor allem die Falknerei.

 

Diese alte Form der Jagd gemeinsam mit einem Greifvogel – sie wird in der Falknersprache als „Beizjagd“ bezeichnet – wurde in vielen Ländern der Welt erhalten oder neu begründet. Stand zu Beginn dieser Kunst vor allen Dingen der Nahrungserwerb im Vordergrund, ist es heute vielmehr die Faszination und der Gedanke des „Ursprünglichen“, die die Liebe zur Falknerei ausmachen.

 

Doch wo hat die Falknerei ihre Ursprünge?
Nach heutigem Wissensstand liegt die Wiege der Falknerei in Asien. So wurde die Falknerei schon um 2205 v. Chr. in China ausgeübt. 3600 Jahre alte Reliefs, auf denen Falkner dargestellt sind, wurden in den Ruinen von Chorsabad gefunden. Sie beweisen die Ausübung der Falknerei im alten Babylonien. Einen weiteren Beweis für die Existenz dieser faszinierenden Jagd mit Greifvögeln bergen ein assyrisches Rollsiegel aus dem 13. Jahrhundert v. Chr. und ein Relief, welches auf 722 bis 705 v.  Chr. datiert wird. Auch in Indien wurden schon um 400 v. Chr. Falken abgetragen, doch auch in Persien, der Mongolei und bei den Turkvölkern Mittelasiens war die Falknerei nachweislich beliebt und ist es teilweise bis zum heutigen Tag.

 

Nach Europa kam die Beizjagd wahrscheinlich im Zuge der Völkerwanderung im 4. Jahrhundert n. Chr. Um 800 erließ Karl der Große ein Gesetz, das auch die Jagd mit Falken, Habichten und Sperbern erwähnt. Die Beizjagd wurde immer mehr zum Privileg des Adels und zu einem Ereignis von gesellschaftlichem Rang.
Unter Friedrich II. von Hohenstaufen (1194–1250) gelangte die Falknerei zu ihrer höchsten Blüte. Er war ein begnadeter Beobachter, großer Naturwissenschaftler und ein begeisterter Anhänger der Falknerei. Sie inspirierte ihn zu dem Werk „De arte venandi cum avibus“ – Über die Kunst mit Vögeln zu jagen –, das in seiner Methodik seiner Zeit weit voraus war, als eines der bedeutendsten zoologischen Werke des Mittelalters gilt und selbst für die heutige Falknerei noch von Bedeutung ist, da viele seiner Erkenntnisse nach wie vor Gültigkeit haben.

Bis ins 18. Jahrhundert wurde die Falknerei vom Adel sehr geschätzt und mit z. T. enormem Aufwand betrieben. Viele Herrscher erließen strenge Gesetze. So verhängte Eduard III. von England (1312–1377) die Todesstrafe für den Diebstahl eines Habichts und auch in Island, das die begehrten Gerfalken lieferte, stand bis 1752 auf die Tötung eines Falken die Todesstrafe.

Die gesellschaftlichen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts und technischen Neuerungen, wie die Entwicklung leistungsfähiger Schusswaffen, ließen die Falknerei auf dem europäischen Kontinent zu einer Ausnahmeerscheinung werden. Einzig in England hielt sich diese Tradition in nennenswertem Umfang.

 

1921 wurde sie in Deutschland mit der Gründung des Deutschen Falkenordens (DFO) neu belebt. Ziel war, eine alte Kunst wieder aufzunehmen und den Menschen die Augen für die Schönheit der Natur und insbesondere der Greifvögel zu öffnen. Die Gründung des DFO erfolgte aus dem neuromantischen Geist, aus dem auch die Naturschutzbewegung hervorgegangen ist. Die Entwicklung der deutschen Falknerei in der Vorkriegszeit ist eng mit dem Namen des Tiermalers Renz Waller verbunden, der der Falknerei zu einem Neustart verhalf.

Einen erheblichen Aufschwung erlebte die Falknerei in Deutschland, aber auch weltweit, erst ab den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts.

 

Regelmäßige Zuchterfolge bei Falken, die Entwicklung der Telemetrie und eine tiefere Einsicht in das Tierverhalten haben dazu geführt, dass die Falknerei ein vorher wohl nie gekanntes hohes Niveau erreicht hat und sich als nachhaltige und dem zeitgemäßen Tierschutzgedanken verpflichtete Jagdart im Einklang mit den  Ansprüchen einer modernen Gesellschaft befindet.
2010 wurde die Falknerei in einigen Staaten von der UNESCO in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Seit 2014 steht die Falknerei auf der nationalen Liste des immateriellen Kulturerbes in Deutschland.

Seit 2016 steht sie sogar auf der Repräsentativen Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit. Damit war sie zusammen mit der Genossenschaftsidee die erste Kulturform, die es aus Deutschland auf diese Liste geschafft hat.

Friedrich II von Hohenstaufen (1194–1250)
König Konrad der Junge (1252–1268) bei der berittenen Beizjagd, dargestellt in der Heidelberger Liederhandschrift "Codex manesse"
Darstellung des Werner von Teufen (urkundlich erwähnt 1190 und 1223) aus dem Codex Manesse
Antike Darstellung eines persischen Falkners
Kurfürst Clemens August (1700–1761) übte als einer der letzten Adeligen die Falknerei im großen höfischen Stil aus