Sommerfest des DFO Bayern
Frühjahr und Sommer sind in der Falknerei traditionell die Jahreszeiten der Völlerei: Mensch und Beizvogel schlagen sich ungestraft die Bäuche bzw. Kröpfe voll. Im Juli ist dann allerdings schon absehbar, dass die eine Fraktion den Gürtel bald wieder enger schnallen muss, und so viel sei verraten: Die Falkner sind dies nicht. Beim Sommerfest des bayerischen Landesverbandes wartet am 12. Juli ein wirklich erstaunliches Buffet auf die rund 80 Gäste. Alles, was das Herz begehrt, krosse Schweinshaxen und Spareribs, gebratene Hühnerschenkel, goldbraune Schnitzel, alles vom Landesverband spendiert. Dazu reihenweise mitgebrachte Salate, und von den Nachspeisen fangen wir mit Rücksicht auf alle nicht Dagewesenen besser gar nicht erst an.
Und trotzdem ist es natürlich keineswegs so, dass Falknerinnen und Falkner aufhören, Falknerinnen und Falkner zu sein, nur weil ihnen ihr freundlicher Landesverband in der Oberpfalz ein Gratis-Festessen hinstellt – durchaus im Gegenteil! Katharina Weinberger zum Beispiel nutzt die Fahrt nach Regenstauf, um unterwegs zwei adulte Turmfalken wieder in die Freiheit zu entlassen, die sie in den Wochen zuvor mühsam gesund gepäppelt hat; in ihrem Revier seien die Rückkehrer von Artgenossen begeistert begrüßt worden, erzählt sie strahlend. Klaus Leix ist sogar gleich ganz mit Falke angereist: Sein Jungvogel aus eigener Zucht steht bei ihm auf der Faust und soll sich vom Geräuschpegel von dem Stunden zuvor angelegten Rucksackgeschirr ablenken lassen.
Der Geräuschpegel ist übrigens beträchtlich. Es gilt, die vergangene Beizsaison noch einmal Revue passieren zu lassen, und naturgemäß sind alle die am lautesten, die die stolzesten Zahlen verkünden können. Ab 100 Krähen dünnt sich das Feld dann langsam aus.
Fast noch lohnender sind die Geschichten aus einem langen Falknerleben. Wolfgang Schreyer erzählt, wie ihn der Naturfilmer Heinz Sielmann Ende der Siebzigerjahre einmal mitsamt Habichtsdame engagierte, um die Jagd des Habichts auf Fasan fürs Fernsehen aufzunehmen (das Geschüh musste runter, damit es nach Wildvogel aussah). Als Lohn für seine Dienste bekam Schreyer neben ein paar Anraunzern, die vom eigenen Vogel erbeutete, schon halb aufgefressene Fasanenhenne überlassen. Die DFO-Vorsitzende Elisabeth Leix berichtet, wie sich einmal ein skandinavisches Filmteam meldete, weil man die Tropfenform des stürzenden Wanderfalken endlich auf Zelluloid bekommen wollte. Die ganze Mannschaft rückte mitsamt Equipment für drei Tage im Allgäu an – um dann ratlos durchs Kameraauge in den Himmel zu starren. „Wo ist er denn, wo ist er denn?“ – „Da drüben“, sagte Elisabeth Leix. Wo der Wanderfalke längst auf seiner Beute saß.
Auch Prof. Rüdiger Korbel, Vorstand der Vogelklinik Oberschleißheim und seit Langem in Besitz des Falknerjagdscheins, hat eine Story mitgebracht, über seine Lehrjahre am Raptor Center der University von Minnesota. Da sich das Institut auf einer der wichtigsten Zugvogelrouten befindet, wurden auch immer wieder verletzte Greifvögel eingeliefert. Die Schneeeulen, erzählt Korbel, seien nach ihrer Heilung quasi per Charterflug an ihre Zielorte gebracht worden – von Flugschülern, die sich für die bevorstehende Prüfung Flugkilometer draufschaffen mussten.
Woran man sieht: Nicht das Essen ist das Wichtigste bei einem solchen Fest, die Geschichten schmecken immer noch am besten.
Der Einzige, der für so was an diesem wohltemperierten Nachmittag überhaupt keine Zeit hat, ist der Landesverbandsvorsitzende Michael Mickisch. Kaum hat er das Buffet feierlich eröffnet, ist er schon dreimal mit einem Bauchladen voller Eis am Stiel durch die Tischreihen gelaufen, welches kaum gelutscht ist, als Mickisch schon wieder dasteht, diesmal mit einem Korb voller Schnaps. Das beste Fläschchen – die Alte Marille - befindet sich wohlweislich ganz unten, bleibt von den Falknern aber dennoch nicht unbemerkt.
Vorher gibt es noch einen offiziellen Teil, für den Mickisch zum Messer greift: Falknerschlag. Sieben Teilnehmer des Falknerkurses sind in diesem Jahr zur Prüfung angetreten, alle sieben haben bestanden. Das spricht nicht nur für den Lerneifer des Nachwuchses, sondern auch für die Qualität des Lehrpersonals. Diesmal: Albert Hartl, Daniel Lodermeier, Rebecca Eichenseher, Hermann Balzer, Ferdinand Baer und Martin Lodermeier als Kursleiter.
Ein rundum gelungenes Sommerfest ist immer auch der Erfolg von vielen. Ein Dank also an den LBV, der uns seine schöne Auffangstation als Party-Location zur Verfügung stellte (bei der abendlichen Spendensammlung kamen wahrhaftig 900 Euro zusammen, die den dort gepflegten Greifvögeln zugutekommen) und Ferdinand Baer für die Organisation. Dank auch an alle, die Salate und Nachspeisen mitgebracht haben. Sowie natürlich an den Gastgeber Michael Mickisch – und nicht nur für die Alte Marille.
Tanja Rest, Redaktion Tinnunculus