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Wanderfalkenauswilderung in Deutschland

In den 1950er bis 70er-Jahren brachen die Greifvogelbestände, insbesondere die Wanderfalkenpopulation in Deutschland und der Nordhalbkugel, aufgrund von Umweltgiften dramatisch ein. Diese Problematik führte bereits Anfang der 1960er Jahre zu intensiven Bemühungen, Greifvögel in Gefangenschaft nach zu züchten, welche zwischen 1972 und 1975 in den USA, Kanada und Deutschland erste Erfolge brachten. Ziel war es, durch Zucht die Wildpopulationen bedrohter Arten zu unterstützen und den Bedarf an Beizvögeln für die Falknerei zu decken.

Naturschutzverbände machten Falkner als Hauptursache für den Rückgang der Greifvogelpopulationen verantwortlich, da zu dieser Zeit nur Wildvögel für die Falknerei zur Verfügung standen. Die schädlichen Auswirkungen von Insektiziden wie DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan), Lindan (γ-Hexachlorcyclohexan) oder PCB (Polychlorbiphenyl) blieben zunächst unbekannt. Nach Kenntnis der wahren Ursachen und deren Verbot führte dies zu unterschiedlichen Schutzstrategien im Natur- und Artenschutz.

Während Naturschutzverbände sich auf den Horstschutz konzentrierten, verfolgten Falkner den Ansatz, Greifvögel in Gefangenschaft zu züchten, um die Arten zu erhalten und möglicherweise wieder auszuwildern.

Durch den internationalen Austausch mit Falknern und Wanderfalkenschützern über Zucht und Auswilderung gelang Anfang der 1970er Jahre der Durchbruch in der regelmäßigen Vermehrung von Greifvögeln in Menschenhand. In Deutschland engagierten sich mehrere Falkner in unterschiedlichen Bundesländern in der Zucht und Auswilderung von Wanderfalken. Allerdings war nur ein Wanderfalkenzuchtprojekt wissenschaftlich an der Freien Universität Berlin angesiedelt und wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Saar betreut. 1974 wurden in Berlin die ersten sechs Wanderfalken gezüchtet. 1977 stieg die Zahl bereits auf 22 Jungfalken an, von denen in demselben Jahr auch die ersten vier erfolgreich in Berlin ausgewildert wurden. In Bayern konnte eine erfolgreiche Adoption an einem der letzten Wanderfalkenhorste durchgeführt werden.

1987 zog das Projekt von Prof. Saar nach Hamburg um und weitere Auswilderungsstandorte und -projekte in anderen Bundesländern folgten. Einen ganz besonderen Aufschwung erlebte die Auswilderung mit der Wiedervereinigung. Durch den Arbeitskreis Wanderfalkenschutz wurde in den neuen Bundesländern ein einzigartiges Projekt zur Wiederansiedelung von baumbrütenden Wanderfalken etabliert.

Mit viel Engagement konnten zahlreiche Wanderfalken erfolgreich ausgewildert werden, was zu einer Stabilisierung der Populationen in verschiedenen Regionen Deutschlands führte und die Wiederbegründung der Baumbrüter mit sich brachte. Erfreulich war die positive Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen Falknern und Naturschützern.

Insgesamt wurden bis 2010 über 1.289 Falken ausgewildert, von denen 1.099 aus der Zucht stammten. Trotz der positiven Entwicklung der Greifvogelpopulationen sehen wir neue Herausforderungen im Greifvogelschutz, da Krankheiten, demografischer sowie Landschaftswandel erheblichen Einfluss nicht nur auf die Greifvögel haben können. Deshalb bleiben die Zucht und der Schutz von Arten, Natur und Umwelt ein zentrale Anliegen des DFO.