Zum aktuellen Aufruf von Peta gegen die Falknerei als immaterielles Kulturerbe in Deutschland
Peta fordert auf seiner Website und Facebook, die Falknerei von der nationalen Liste des immateriellen Kulturerbes in Deutschland zu entfernen.
Der Deutsche Falkenorden nimmt gerne Stellung zu den Vorwürfen, die aus seiner Sicht schlecht recherchiert und leicht zu entkräften sind.
1. Vorwurf:
„Die Jagd mit Beizvögeln entspricht einer Hetzjagd, bei der Tiere selbstständig das Wild jagen, ohne dass der Jäger Einfluss auf den Jagdverlauf nehmen kann. Infolge der natürlichen Grausamkeit des Tötungsgeschehens dürfen solche Jagdmethoden bereits aufgrund tierschutzethischer Überlegungen nicht durch den Menschen initiiert werden.“
Fakt ist:
Die selbstständige Jagd des Beizvogels und die fehlende Einflussnahme auf den Jagdverlauf sind nicht unter den Begriff der Hetzjagd, wie ihn das Bundesjagdgesetz kennt (§ 19 Abs 1, Ziff.13 BJagdG) zu subsumieren: Danach ist Hetzjagd jede Jagd, bei der das an Kräften unterlegene Wild bis zur Erschöpfung über einen längeren Zeitraum verfolgt und gegriffen wird, bis es der Jäger abfängt.
Greifvögel verfolgen ein Tier, fangen es nach kürzester Zeit und wenn nicht, geben sie auf und warten auf eine neue Gelegenheit. (Greifvögel sind Ansitzjäger, Stoßflugjäger oder beides). Ein Greifvogel kann nur einmal – unter hohem Energieverbrauch, der das 20- bis 30fache seines Grundumsatzes an Energie beträgt – kurz jagen, dann ist er erschöpft und braucht eine Regenerationsphase, die zwischen einer viertel und halben Stunde – je nach Art des Fluges und der Flugdauer und der Greifvogelart – liegt. Er kann aus physiologischen Gründen kein Tier ausdauernd hetzen. Alle für Beizvögel potentiellen Beutetierarten können in der Regel nach kurzer Flucht nicht mehr gegriffen werden, da sie entweder in Bauen oder in einer Deckung verschwinden oder auf dem Wasser landen, wo sie für Beizvögel unerreichbar sind – z. B. Enten oder Möwen können grundsätzlich von Wanderfalken auf dem Wasser nicht gegriffen werden. Oder die Beutetiere fliegen einfach auf und davon, wenn z. B. der Habicht sie nach einer kurzen Flugstrecke nicht gefangen hat. Als Überraschungsjäger schlägt er das Wild nach wenigen Metern oder nicht, dann gibt er auf.
Ein Greifvogel kann weder auf Kommando auf Wild gehetzt werden (ein entsprechendes Lernprogramm hat die Evolution ihm nicht gegeben), noch kann er Wild aus physiologischen Gründen hetzen (nach kurzer Zeit hohe O2-Schuld s. o.), noch gibt es Beutetiere, die auf Grund ihres Fluchtverhaltens gehetzt werden könnten (alle potentiellen Beutetierarten suchen schnell eine Deckung auf oder entkommen einfach, da der Beizvogel nach kurzer Zeit aus energetischen Gründen den Jagdflug abbricht). Darüber hinaus ist anzumerken, dass es bei der Beizjagd praktisch kein verletzt entkommendes und dann langsam sterbendes Wild gibt und auch die Belastung der Umwelt einschließlich der nicht verfolgten Tierarten und menschlicher Besitztümer außerordentlich gering ist. Eine ökologischere Form von Jagdausübung ist nicht denkbar.
Die Falken töten das Beutetier sehr rasch durch Genickbiss. Da die zur Jagd auf Kaninchen, Feldhase usw. eingesetzten habichtartigen Greifvögel Kurzstreckenjäger sind, spielt sich bei ihnen der sehr kurze Jagdflug im unmittelbaren Einflussbereich des/der FalknerIn ab, so dass das Beutetier durch den/die FalknerIn rasch und tierschutzkonform getötet werden kann, sollte der Tod durch den Griff des Beizvogels nicht schon eingetreten sein.
Ein grausamer Tötungsvorgang findet auf der Beizjagd nicht statt. Abgesehen davon ist die moralische Wertung tierischen Handelns („grausamer Tötungsvorgang“) ein Rückfall in Zeiten von Brehms Tierleben im 19. Jahrhundert. Diese Haltung zum tierischen Verhalten gilt eigentlich als lange überholt und ist mit heutigen Auffassungen nicht vereinbar. Ihre argumentative Verwendung heute ist weder akzeptabel noch eines Natur- oder Tierschutzvereins würdig.
2. Vorwurf
„Anbindehaltung der Beizvögel über längere Zeiträume weder begründbar noch verantwortbar“
Fakt ist:
Die meisten Beizvögel werden – auch in der Beizsaison – in Volieren oder an Flugdrahtanlagen gehalten. Die kurze Anbindehaltung an Block oder Sprenkel ist nur zulässig, sofern der Vogel zu dieser Zeit ausreichendes Flugtraining erhält. Verletzungen und Gesundheitsstörungen treten bei sachgerechter Durchführung nicht auf. Nähere Bestimmungen hierzu ergeben sich aus dem „Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Greifvögeln und Eulen von 1995“ herausgegeben vom damaligen BMVEL.
Nach Auffassung der Lehrstuhlinhaber bzw. der Klinikchefs der Vogelkliniken der fünf deutschen veterinärmedizinischen Fakultäten sowie der Vorsitzenden des Arbeitskreises Wildtiere und Jagd und eines Vorstandsmitgliedes der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz ist das Gutachten nach wie vor für die Haltung von Greifvögeln in Privathand geeignet und anzuwenden (siehe Lierz et al., 2010, „Empfehlungen für die tierärztliche Bestandsbetreuung und die Beurteilung von Greifvogelhaltungen“. Tierärztliche Praxis (K) 38(5), 313-324, Schattauer Verlag).
Die seit Jahrhunderten sachgerecht praktizierte falknerische Anbindehaltung ist danach aus tierschutzrechtlicher Sicht unbedenklich! Ein Widerspruch gegen diese Feststellung wäre Leugnen jeglicher wissenschaftlicher Erkenntnisse der vorgenannten Sachverständigen.
3. Vorwurf
„Zur Beizjagd notwendige „Konditionierung“ (Hungern lassen) ist aus Tierschutzsicht weder begründbar noch verantwortbar.“
Fakt ist:
„Hungern lassen“ meint, dem Körper über längere Zeit wesentliche Nährstoffe vorzuenthalten. Dadurch wird natürlich die Leistungsfähigkeit des Körpers geschwächt.
„Hunger haben“ dagegen ist der innere Faktor, der die Handlungsbereitschaft zu Nahrungserwerb und Nahrungsaufnahme gemäß des ethologischen Handlungsbereitschaftsmodelles bestimmt (Becker-Carus et al. 1972, Buchholtz 1993). Hunger zu haben ist also ein natürlicher Zustand, der dem Individuum signalisiert, dass Nahrungsbedarf besteht. Sowohl ein wilder Greifvogel, als auch ein Beizvogel jagt nur, wenn er Hunger hat.
Erfolgreiche Beizjagd ist nur mit einem körperlich – und psychisch – sehr fitten Vogel möglich, ein durch Hungernlassen geschwächter Beizvogel wäre nicht erfolgreich.
Ein „Hungernlassen“ des Beizvogels, welches die o.g. Vereine fälschlicherweise mit dem verhaltensbiologischen Begriff der „Konditionierung“ gleichsetzen, ist deshalb noch nie die Methode oder das Ziel bei der Beizjagd gewesen. Durch den Begriff „Hungern lassen“ soll vielmehr in polemischer Weise zum Ausdruck gebracht werden, dass Falkner die Beizvögel aktiv quälen und diese entsprechend „leiden“ müssen. Da aber Hunger als physiologisch lebensnotwendiges natürliches Signal, das ein Energiedefizit anzeigt, in der Natur bei allen Tieren alltäglich vorkommt, würde dies bedeuten, dass die wildlebenden Beutegreifer täglich leiden, eine menschlich projizierte Empfindung, die diesen völlig fremd ist.
Der Beizvogel jagt aus opportunistischen, energetischen Gründen freiwillig mit dem Falkner zusammen, denn der Falkner gibt ihm immer wieder die Freiheit, durch die der Greifvogel lernt, dass in Zusammenarbeit mit ihm es bedeutend leichter – d. h. körperlich weniger anstrengend – ist, Nahrung zu erreichen, als selbständig in der Natur auf sich selbst gestellt zu jagen. Es gibt viele Beispiele, wo selbst wilde Greifvögel lernen, bei entsprechenden Bedingungen den Menschen als Nahrungsquelle zu nutzen und ihn aus den o. a. Gründen freiwillig aufzusuchen, um direkt Futter zu holen oder mit ihm auf von ihm aufgescheuchte Beutetiere zu jagen.
Fazit
Es gibt weder aus Sicht des Artenschutzes noch aus Sicht des Tierschutzes überzeugende Gründe für ein Verbot der Beizjagd. Vielmehr ist sie die tierschutzkonformste und naturverträglichste Jagdmethode. Zwischen FalknerIn und Vogel besteht eine gewaltfreie und vertrauensvolle Beziehung. Für die sachgerechte Rehabilitation von hilfsbedürftigen Wildgreifvögeln sind die während der Beizjagd erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten der FalknerInnen ebenso unverzichtbar wie für die Zucht und Auswilderung zur Bestandsneugründung, z. B. beim Wanderfalken.
Falknerei ist, ebenso wie die Jagd, gesetzlich streng geregelt. So besteht für Falkner eine doppelte Prüfungspflicht. Sowohl die Jäger- als auch die Falknerprüfung müssen erfolgreich abgeschlossen werden, was in der Tierhaltung einzigartig ist.
Auch deshalb wurde die Beizjagd für 13 Staaten von der UNESCO in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit und in Deutschland in das Bundesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Im Übrigen wäre ein Verbot der Beizjagd verfassungswidrig und mit dem Minderheitenschutz der Menschenrechtskonvention unvereinbar.