Keine Albinos, nicht ausgestorben, kein Millionenwert:

Berlin, 5. Oktober 2013 – Das Hauptzollamt Itzehoe hat die Öffentlichkeit am 27. September 2013 über die Beschlagnahmung von zwei lebenden Greifvögeln am Flughafen Hamburg informiert. Aus Sicht des Deutschen Falkenordens e. V. (DFO), der als weltweit ältester Falknerverband und anerkannter Naturschutzverband in Deutschland Ansprechpartner für Falknerei, Greifvogelschutz und Greifvogelkunde ist, enthalten die Informationen des Hauptzollamts bedauerlicherweise Fehler.

 

Greifvogelschutz setzt voraus, dass möglichst viele Menschen die Fakten zu heimischen und fremden Vögeln kennen. In diesem Sinne bietet der DFO deshalb Hintergrundinformationen zur Beschlagnahmung der vermeintlichen Albino-Habichte an und steht den Medien bei Fragen jederzeit gerne zur Verfügung.

 

Aus Sicht des DFO sind die folgenden Hintergrundinformationen zur Beschlagnahmung der zwei Habichte in Hamburg entscheidend:

 

  • Das Hauptzollamt Itzehoe teilt mit, es handele sich bei den in Verwahrung genommenen Greifvögeln um Albino-Habichte.

    Bei den beiden in Hamburg beschlagnahmten Habichten handelt es sich nach Informationen des DFO nicht um Albino-Habichte – Greifvögel mit einer Pigmentstörung –, sondern um eine Unterart des Habichts mit hellgrauem bis weißem Gefieder, deren wissenschaftlicher Name Accipiter gentilis albidus ist.

  • Das Hauptzollamt Itzehoe spricht in seiner Pressemitteilung davon, die beschlagnahmten Habichte gälten als in freier Wildbahn ausgestorben.

    Der Accipiter gentilis albidus ist in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet, im Osten Russlands bis nach Kamtschatka, nicht ausgestorben. Die Vögel brüten dort in freier Wildbahn.

  • Laut Hauptzollamt Itzehoe beträgt der geschätzte Gesamtwert der beiden Tiere eine Million Euro.

    Der vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit als Sachverständiger für Greifvögel bestellte Zoologe Dr. Helmut Link vom Umweltamt der Stadt Nürnberg beziffert den Wert von zwei Habichten der Unterart Accipiter gentilis albidus auf maximal 6.000 bis 8.000 Euro pro Habicht, also 12.000 bis 16.000 Euro für ein Paar.

  • Das Hauptzollamt Itzehoe schreibt, Albino-Habichte unterlägen dem höchsten Schutzstatus des Washingtoner Artenschutzabkommens.

    Der Habicht – Accipiter gentilis – unterliegt nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (WA) nicht dem höchsten Schutzstatus. Das WA unterscheidet nicht nach Unterarten. Der Habicht ist im Anhang II aufgeführt und damit international als Wildtier handelbar. Unabhängig davon handelt es sich bei den in Verwahrung genommenen Habichten um gezüchtete Exemplare.

 

  • Das Hauptzollamt berichtet, die für die Abfertigung nötigen CITES-Papiere aus Russland und des Bundesamts für Naturschutz hätten die Einführer nicht vorlegen können.

    Dem DFO liegt eine Kopie des russischen Original-CITES-Papiers mit dem Stempel und dem Siegel des Hauptzollamts Itzehoe vom 8.9.2013 vor.

 

  • Das Hauptzollamt Itzehoe teilt mit, Privatpersonen erhielten in der Regel keine Ausfuhrgenemigung aus dem Herkunftsland und keine Einfuhrgenehmigung des Bundesamts für Naturschutz (BfN).

    Beide Informationen sind nach der Erfahrung des DFO falsch. Die an Privatpersonen zu Handels- oder Privatzwecken ausgestellten Genehmigungen für ein- und ausgeführte Tierarten, die nach dem WA geschützt sind, stellen den mit Abstand größten Anteil der Genehmigungen dar.

    Dem DFO sind aus den Jahren 2012 und 2013 22 Vögel bekannt, die für Botanische Gärten, wissenschaftliche Forschung oder Zoos eingeführt wurden. Im gleichen Zeitraum wurden aber 633 Vögel für den Handel, als persönliche Gegenstände und zu anderen Zwecken eingeführt.

    Diese Daten sind in den Veröffentlichungen des Bundesamts für Naturschutz (BfN) nachprüfbar: http://www.bfn.de/0305_stat_t4.html

Fazit

 

Der DFO bedauert, dass es im Rahmen der Beschlagnahmung der beiden Habichte am Hamburger Flughafen zu bedauerlicherweise missverständlichen Informationen der Öffentlichkeit über Greifvögel, den Handel mit ihnen und den Vogelschutz gekommen ist.

 

Aus Sicht des DFO werfen die veröffentlichten Informationen des Hauptzollamts Itzehoe ein schlechtes Licht auf die internationale Falknerei, einer seit 4.000 Jahren ausgeübten Jagdform, die in 13 Staaten anerkanntes immaterielles Kulturerbe der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco) ist.

 

Zugleich werden durch Behauptungen wie dem angeblichen Millionenwert von zwei Habichten Anreize für den illegalen Handel mit vermeintlichen Albino-Habichten geschaffen.

 

Bei Fragen

 

Wenden Sie sich bei Fragen bitte an den Bundesvorsitzenden des DFO, Dr. Johannes Kuth, telefonisch erreichbar unter 02164 / 70 16 06 oder per E-Mail unter johannes.kuth@falkenorden.de.

 

Die Pressemitteilung des Hauptzollamts Itzehoe vom 27. September 2013 finden Sie unter diesem Link: http://www.zoll.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/Artenschutz/2013/z83_habichte_iz.html?nn=98138

 

Hintergrund

 

Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (WA) regelt den internationalen Handel mit wildlebenden Tieren und Pflanzen bedrohter Arten. Der englische Titel des WA  lautet Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora (Cites). Dieser Handel erfolgt in der Regel durch Privatpersonen oder Personengesellschaften.

 

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